Sang- und Klanglos (02.2010)

Aus der Serie: Kreative, Stadt, Entwicklung │ 2013 Nr.07

 

Was noch vor fünf Jahren laut getöst hat, döst jetzt leise vor sich hin. Eine leitende Stelle in Graz ist ausgeschrieben, ein Abteilungsleiter für „Stadtplanung“ wird gesucht. In Zeiten wie diesen, könnte man glauben, macht das was her. Ein sauberer Vertrag statt Prekariat und im Vergleich zur Privatwirtschaft super bezahlt. Eine echte Chance für Kreative, Stadt, Entwicklung – etwas zum Bewerben für helle Köpfe und viel zu erben für die Stadt. Aber was hören wir? Nichts. Stille, sang- und klanglose Stille.

Komisch, wo das so ein Trara vor fünf Jahren war. „Alles neu“ meinten damals etliche, nachdem pensionsreife Abteilungsleiter abgedankt wurden. Es könne für Stadtentwicklung und Stadtplanung nur besser werden, glaubten andere. Aber denkste. Dass Leute vom Fach wie anno dazumal Hansjörg Luser und Heinz Rosmann vom Stadtpolitikerformat Erich Edegger in ein Politsekretariat geholt werden und in Abteilungsleiterpositionen wachsen, ist Geschichte. Heute regiert PR die Politbüros und Unauffälligkeit die Verwaltung. Dass jemand das Format zu Fach- und Führungsposition hätte, fällt nicht auf. Oder kennen Sie jemanden? Wenn ja, bitte sofort melden. Wenn nein, bliebe noch die Suche am freien Markt der ExpertInnen und Persönlichkeiten. Das wurde vor fünf Jahren schon probiert. Lobbys und Meinungen berauschten sich auf Veranstaltungen und in der Presse mit Forderungen an eine neue Ära.

Den Debattierern entging allerdings, dass gleichzeitig sang- und klanglos eine etwas seltsame Ausschreibung gestrickt wurde. Die Vorauswahl durch einen sogenannten Personalberater, der Fachbücher nicht bewertete, weil sie ihm zu schwer waren (richtig: physisch, nicht vom Inhalt her!), war da erst der Anfang. Spätestens beim finalen Vorsprechen, auch Hearing genannt, war Schluss mit lustig. Inszenierung samt Regieanweisung wurden souffliert und der Hauptdarsteller war längst engagiert. Das Vorsprechen geriet zur Farce einer Provinzbühne. Was folgte, war sang- und klanglos, vom Betreffenden war nicht mehr viel zu hören. Ein guter Trick derer, die ungehindert frei schalten und walten wollen? Oder schlicht ein Landbewohner, der sich wegen der falschen Freunde in die Stadt verirrte?

Der unrühmliche Auftritt endete nach endlos kurzen fünf Jahren. Warum, weiß keiner so genau. Egal, zurück an den Start und Stadtplanung neu. Konsequenterweise hat man sich diesmal die Debattiererei gleich gespart und still und leise ausgeschrieben. Ein Grund für die dürftige Bewerbungslage? Daran muss was sein, denn der Bürgermeister jammerte mir persönlich etwas über fehlende Kompetenzen und Persönlichkeiten vor und dass das so nicht gehe. Also Ausschreibung aufheben und zurück an den Start mit Stadtplanung neu? Kein Problem, weil’s da ohnehin nur um öffentliche Gelder geht? Potentiale, Möglichkeiten, Geld werden durch diese Zustände tagtäglich vernichtet, sang- und klanglos, still und leise.

Es bleibt mir als Bürger dieser Stadt nur ehrlich und aufrecht zu wünschen, es möge sich eine kompetente Person finden, die einer Stadt wie Graz würdig ist und diese Rolle trotz der abschreckenden Wirkung von Politik und Verwaltung übernehmen will. Und darf. Freilich, die Chancen stehen gering, dass profilierte Fachleute gefunden werden können, wenn man ihnen nur die Hauptrolle in einem schlechten Stück namens „Stadtplanung in Graz“ anbieten kann. Bonjour Tristesse, Herr Bürgermeister.

 

Harald Saiko
in Korso – stadtFORUM, Fünfzehnmal Stadt, Juni 2013
aus der Serie: Kreative, Stadt, Entwicklung │ 2013 Nr.07

Architekt DI Harald Saiko
Geboren und aufgewachsen in Graz, Studium in Graz und Paris. Büro für Architektur.Stadt.Kultur. Von 1999 -2004 Berater für wesentliche Entwicklungsbereiche der Stadt Graz wie URBAN-Graz-West, Natur-Erlebnis-Park Plabutsch, Messequadrant und Vorschläge von Grazer Modellen qualitativer Stadtentwicklung wie u.a. Reform der ASVK, Einführung von Gestaltungsbeiräten oder Stadtteilmanagement und Gebietsbetreuungen.

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