Diskussionsthemen zu Architektur und Baukultur
Architekturstadt Graz: Vorschläge für Diskussionsthemen zu Architektur und Baukultur in der Stadt Graz und ihrer nachgeordneten Abteilungen, Institutionen, Gesellschaften
1) Ressortübergreifende Architekturpolitik
- Ein klares Bekenntnis der Stadtregierung, als auch des Gemeinderates zum Stellenwert der zeitgenössischen Architektur und Baukultur in der Architekturstadt Graz
- Architektur ist eine Querschnittsmaterie aller Ressorts – eine gesamtheitliche Sicht samt Kompetenzstruktur (zB Frage Kultur<>Baudirektion), sowie eine entsprechende ressortübergreifende Vernetzung und Kommunikation ist notwendig!
- Jährlicher Statusreport zur Baukultur in Graz (Zahlen, Fakten, Prozesse, Entwicklungen, österreichischer Vergleich,...)
- Schaffung eines kontinuierlichen Programms zur Architekturvermittlung (Bottom up – Bewusstmachen von Qualitäten), samt entsprechendem Budget
- Verankerung einer interdisziplinären Planungskultur bzw. von Qualitätskonzepten spart dem Steuerzahler viel Geld und sichert Lebensqualität
- Qualitätsbindung/-orientierung bei öffentlichen Förderungen und Projekten (Auswirkung/Vorbildwirkung auf Private). Neue Förderkultur nicht nur monetäre, sondern auch strukturelle Förderung
Liste max. kontroversieller Themen/Thematik
- Hohes Niveau der städtischen Architekturschaffenden versus miserable wirtschaftliche Situation der Architektinnen
- Wer legt Qualität fest (Prozessorientierte Sichtweise vor ästhetischer Expertise?)
- Durch Privatisierung existiert der öffentliche Hochbau in der städtischen Verwaltung kaum mehr (keine Entledigung der Bauherrenverantwortung) – Sicherstellung eines baukulturellen Auftrages, sowie einer entsprechenden (architektonischen) Qualität bei den ausgelagerten Unternehmungen (Eigentümerfunktion)
- Angst der Politiker vor zeitgenössischer Architektur
mögliche populistische Slogans:
- Baukultur braucht Kompetenz und Verantwortung
- Baukultur/Architektur sichert Lebensqualität für alle
- Baukultur ist ein Grundrecht
Sonstiger Kommentar/Hinweis:
- Umsetzung der unter Pkt. (P) angeführten Ziele – Zielorientierte Forderungen in der Sprache der Adressaten kurz und bündig zusammen formulieren
- Keine leeren Bekenntnisse – Budget ist in Zahlen gegossene Politik
- Sensibilisierung politischer Entscheidungsträger für Architektur und Baukultur
- Vernetzung und Schaffung strategischer Partnerschaften bzw. Kooperationen um für Baukultur ein entsprechendes Lobbying zu ermöglichen.
- Welche Kompetenzen könnte die Plattform für Architektur und Baukultur übernehmen (Baukonvent,...)?
- Stärkere Verankerung der Raum- und Landschaftsplanung in der Plattform
2) Bauherrenverantwortung und Architekturconsulting
- Bauherrenverantwortung ist eine nicht delegierbare Aufgabe
- Baukultur ist keine Frage des Preises (und dafür gibt es Beweise!)
- Bauherrenberatung beginnt bei der „Bauherrschaft“ selbst (Bewusstseinsbildung, Hilfestellung...)
- Bauherrenberatung ist auch Projektentwicklungsberatung und Umsetzungsberatung
- Bauherrenberatung kann ein eigenes Berufsbild werden = „Der Baucoach“
Liste max. kontroversieller Themen/Thematik
- Wie bringt man jemanden dazu, sich beraten zu lassen? Motivationen? Zwang?
- Schnelle Renditen versus Baukultur
- Mehrwert ohne Mehrkosten
- Architekten als strategische Bauherrenberater = versteckte Planungsakquisition
- Unvereinbarkeitsfrage von Bauherrenberatung und Planungstätigkeiten
- Wie ist „Qualität“ beschreibbar, messbar, definierbar?
- Unqualifizierte Bauherren halten sich für qualifiziert.
- Bau-Kulturschaffende sind dem Thema gegenüber nicht aufgeschlossen
- Bau-Kulturschaffende verweigern sich der Auseinandersetzung mit Veränderungen
- Bau-Kulturschaffende haben Qualifikationsdefizite (Ökonomie, Kommunikation usw.)
mögliche populistische Slogans:
- Architektur ist nicht der Speck, der weg muss, sondern Skelett und Muskel!
- Baukultur ist Mehrwert ohne Mehrkosten!
- Baukultur ist keine Frage des Preises!
3) Kreativwirtschaft und Architekturförderung
- Architektur ist ein wesentlicher Teil der Kreativwirtschaft
- Architektur ist eine Querschnittsmaterie aller Ressorts
- Die Baukultur ist ein Wirtschaftsfaktor
- Die Baukultur schafft Arbeitsplätze
- Mit der Sichtweise, dass die Architektur ein wichtiger Teil der Kreativwirtschaft ist, eröffnen sich neue Dimensionen in Bezug auf die Baukulturförderung (Neue Förderkultur nicht nur in Form von monetärer Förderung - nicht mehr allein auf das Bundeskanzleramt Kunstsektion zugeschnitten – z.B. Exportförderung der baukulturellen Leistungen, )
Liste max. kontroversieller Themen/Thematik
- Das Thema Kreativwirtschaft ist derzeit noch durch Ankündigungspolitik ohne reale Unterstützung gekennzeichnet
- Kreativwirtschaft ist eher schwammig definiert und hat derzeit keine politischen Rahmen- und Förderprogramme
- Angst der Architektur vor Annäherung an die Bauindustrie
mögliche populistische Slogans:
- Baukultur ist ein Wirtschaftsfaktor und schafft Arbeitsplätze
- Baukultur braucht eine neue Förderkultur
- Architektur ist ein wesentlicher Motor der Kreativwirtschaft/Kreativindustrie
4) Wettbewerb, Vergabe, Honorierung und interdisziplinäre Planungskultur
- Ganzheit der Architektenleistung im Leistungsbild festschreiben
- ganzheitliches Leistungsbild ist Grundlage aller Vergaben
- Transparenz der Verfahrenswahl sicherstellen
- Primat des Leistungswettbewerbs garantieren (statt Preiswettbewerb)
- Architekturwettbewerbe müssen ohne Preisabfrage stattfinden
- standardisierte Mitwirkung der Architektenkammern bei der Wahl der Verfahrensart (bei Verfahren, die gemäss BVergG 2002 stattfinden)
- Honorarordnung Architektur als Richtlinie des angemessenen Entgeltes unverzichtbar (für Schwellenwerte, für Verhandlungen, für öffentliche Argumentation)
- nur das vom Architekten koordinierte Zusammenwirken der planenden Disziplinen gewährleistet Architekturqualität
mögliche populistische Slogans:
- gut bauen ist preiswerter als billig bauen
- gut planen ist schneller als simpel planen
5) Vermittlung und Ausbildung
- Programm zur Architekturvermittlung auf den unterschiedlichsten Ebenen (Ausarbeitung und Implementierung)
- Engagierte Baukultur als Baustein einer ambitionierten Bildungspolitik verstehen
Vermittlung
allgemein:
- Bedeutung und Potential hochwertiger Architektur an die kommunalpolitischen Entscheidungsträger kommunizieren
- Architekturinitiativen sichern / stärken
- Qualitative Verfahrensberatung auf städtischer Bauherrenebene
- Kontakte auf europäischer und internationaler Ebene aufbauen bzw. verstärken
durch die Gestaltung von Bildungsinstitutionen auf allen Ebenen
- Schulbau als Ausdruck eines engagierten bildungspolitischen Programms, unter Berücksichtigung aktueller gesellschaftlicher Entwicklungen (z.B. Integration, neue Typologien, lebenslanges Lernen) verstehen
- Stadt und Schule - Rolle der Schule als öffentliche Institution in der Stadt (mögliche Hybridisierung mit anderen öffentlichen Aufgaben, neue Typologien); sicherer Schulweg – generell kindergerechtere Umwelt
durch eine offensive Medienpolitik (Siehe unter „Öffentlichkeit & Image / Sonstiger Kommentar)
6) Öffentlichkeit und Image
- Architekturpolitik, nicht ArchitektInnenpolitik.
- Vermittlung der Alltagsqualität von Architektur.
- Architektur ist keine Stilfrage sondern eine Haltung.
- Formulierung eines übersichtlichen Leistungsbildes des
- ArchitektInnenberufs (Broschüre für potentielle Bauherrn).
- Auch für Laien verständliche Sprache.
- Baukulturelle Verantwortung; nicht nur für Einzelobjekte, sondern für
- die Summe aus neu + alt = "gebaute Umwelt"
Harald Saiko, 25.09.2003 (mit Dank an die Plattform für Architektur und Baukultur Österreich)